Anbei einige Auszüge aus den Essgewohnheiten es Vogtlands im Dreiländereck zwischen Bayern, Sachsen und Thüringen.
Sicher fällt auf, dass die Sitten und Gebräuche der Ernährung sich innerhalb der letzten 150 Jahre doch grundlegend verändert haben. Fleisch war eine Ausnahme, Gemüse und Obst nicht sehr verbreitet.
Die Angaben entstammen dem Buch Volksbrauch, Aberglauben, Sagen und alte Ueberlieferungen im Voigtland von Dr. J.A.E. Köhler aus dem Jahre 1867.
Die Suppe als Morgenspeise ist fast gänzlich durch den Kaffee verdrängt worden. Zu anderer Tageszeit isst man in der Regel Brotsuppe, welcher man fast immer klein geriebene, gekochte Kartoffeln beimengt. Bei Kirchlamitz soll sich die alte Sitte noch erhalten haben; denn dort gibt es früh beim Bauern Wassersuppe und dann Kartoffeln: nur am Sonntage trinkt man statt dessen Kaffee. In den Wochentagen wird den Dienstleuten um 10 Uhr Brot und Kaffee vorgesetzt – Als Wochensuppe gibt man vorherrschend Schokoladensuppen. Schokolade ist überhaupt, wenigstens im unteren Vogtland, sehr beliebt: sie wird neben Warmbier, wenn man einmal etwas Besonderes haben will, häufig getrunken.
In den ärmeren Familien bilden die Kartoffeln die Hauptspeise des Jahres. Man isst sie größtenteils mit Hering, dann und wann mit Quark, seltener mit Butter. Zuweilen werden sie im Ofenrohr angebraten und dann mit der gedörrten und angebackenen Schale verzehrt. An Sonn- und Feiertagen werden abends Kartoffeln mit Eiern auf Butter gegessen (Reichenbach). Aus den am Mittag übrig gebliebenen Kartoffeln bäckt man am Abend Bröckelklös. Die Kartoffeln werden dabei zerrieben und mit Salz in einer mit Fett ausgestrichenen Form im Ofenrohr gebacken.
Gemüse isst der Vogtländer im Ganzen wenig; und wenn’s geschieht, so wählt er Hirse oder Reis; bei den ärmeren Leuten sind die Linsen beinahe unbekannt (Reichenbacher Gegend). Im bayrischen Vogtland sind an manchen Orten unter den Gemüsen selbst angebaute Feuerbohnen vorherrschend. Sonst aber haben auch daselbst Kartoffelspeisen, z.B. Kartoffelbrei, Kartoffelschnitzen, Kartoffeln mit Kraut, die Oberhand.
Frisches oder “grünes” Fleisch wird so lange vermieden, als Vorrat von geräuchertem Fleische vom Hausschlachten des Schweins vorhanden ist. Nur des Sonntags macht man eine Ausnahme: da isst man am liebsten frisches und recht fettes Fleisch. Sind Tagelöhner im Hause, so fehlen am Mittag nicht die gekochten Klöße mit Fleisch, und des Abends nach der Suppe werden oft Mehlspeisen gereicht. Ein erwähnenswertes Fleischgericht bei Hof ist “eingelegtes Kalbfleisch”, eine Art Frikassee.
Wenn es möglich ist, so kommen auch im sächsischen Vogtland in der Woche einige Mal Kartoffelklöße auf den Tisch. Es sind dies “rohe” oder “grüne Klöße“, die man auch bezeichnend “vogtländische” nennt. Dazu isst man in der Regel an Sonntagen gekochtes Rindfleisch; die Klöße werden in die Fleischbrühe, zu der man noch geriebenen Meerettig und zerschnittene Semmel gibt, eingetaucht. Man verfährt bei der Herstellung dieser “grünen Klöße” so: Die rohen Kartoffeln werden zerrieben und in dem sogenannten Kartoffelsack, welcher in keiner Familie fehlen darf und der aus dünnfadigem Zeug gemacht worden ist, gepresst, so dass das Wasser abläuft. Der mit dem Wasser durchgedrückte geringe Teil des Stärkemehls wird getrocknet und zu anderer Zeit statt des Weizenmehls ebenfalls zu Klößen, und zwar zu sogenannten “gekochten”, die aber sehr selten auf den Tisch kommen, verwendet. Die rohe Kartoffelmasse, welche in dem Sack zurückbleibt, wird mit kochender Milch, sehr oft auch mit Milchhirse gebrüht. Dann kommt eine geringe Menge zerriebener gekochter Kartoffeln und kleingeschnittene, geröstete Semmeln dazu; Wohlhabende nehmen auch wohl einige Eier. Die Klöße werden nun geformt und gekocht. Bleiben einige am Mittag übrig, so werden sie zum Abend “eingeschnitten” und im Rohr gebacken. Selten isst der Vogtländer Klöße von gekochten Kartoffeln; an manchen Orten werden solche Klöße “halbseidene” genannt. Außer seinen Klößen, die in Bayern stellenweise durch aus Mehl, Semmel und Eiern bereiteten Knöteln ersetzt werden, liebt der Vogtländer noch folgende Speisen:
Pampus, der ebenfalls aus geriebenen rohen Kartoffeln, aus denen man das Wasser drückte und die mit Milch gebrüht wurden, bereitet wird. In den dicken Mus gibt man Salz, auch Eier und bäckt ihn dann in Pfannen, die mit Fett ausgestrichen wurden. Den Pampus bäckt man aber nicht im Hause, sondern trägt ihn allgemein zum Bäcker, dessen Gesellen als eine Extraeinnahme das geringe Backgeld dafür erhält. Gegessen wird der Pampus mit eingelegten Preiselbeeren, oder mit der sog. “Ehestandsbrühe”, welche aus Essig und Sirup besteht.
Schneeballen oder Handwerksbürschle, das sind Klöße aus rohen Kartoffeln, die aber nicht gekocht, sondern mit vermischten gerösteten Semmeln in Butter in der Pfanne gebraten werden.
Das Semmelgeräusch (in Reichenbach) ist etwas ähnliches wie Rührei, d.h. Eier und Mehl; nur werden Semmelscheibchen mit in den Teig gebacken.
Von den Speisewirten in den Städten des sächsischen Vogtlands werden als Lieblingsspeisen häufig “Saure Flecke” und Schweinshöckel mit Klößen und Merrettig angezeigt.
Unter dem Gebäck ist außer Stollen und Kuchen auch der Aschkuchen beliebt. Häufig werden Kartoffelkuchen gebakcen, bei denen man dem Mehlteige auch eine Portion gekochte und geriebene Kartoffeln zusetzt.
Die Echten Blinzen, dieses slawische Gebäck, das in der Lausitz eine Lieblingsspeise ist, scheint man jedoch im Vogtland nicht zu kennen.
Schließlich mag bemerkt werden, daß den Kindern, welche neugierig fragen: ,,Was werden wir heute essen?” manchmal geantwortet wird: ,,Kapern mit langen Schwänzen!”
Adventszeit und Weihnachten
Zum St. Niklaustage (6. Dezember) bäckt man den Zopfstollen, d.h. Nickelzöpfe (Nikolauszöpfe).
Man schlachtet in der Adventzeit die gemästeten Schweine.
Ungefähr 8 Tage vor Weihnachten, in vielen Dörfern bei Reichenbach erst am Tag vor den Feiertagen, werden die eigentlichen Christstollen gebacken; die Kaufleute, bei denen dazu Zucker und Rosinen geholt werden, haben gewöhnlich eine Schokoladentafel als Geschenk hinzugefügt; die Mutter hebt dasselbe dann für die Weihnachtsfeiertage auf. Gewöhnlich bäckt sie außer Stollen auch eine größere oder kleinere Zahl von Kuchen, die noch vor dem Feste, wenn das Backen zeitig geschah, verzehrt werden.
In Oelsnitz wird der Stollen nicht bloß zum Weihnachtsfeste, sondern auch bereits für den ersten Adventsonntag gebacken; wenigstens herrscht diese Sitte in den wohlhabenderen Familien.
Am heiligen Abend, sowie auch an den übrigen heiligen Abenden zu Ostern und zu Pfingsten trägt man auf den Dörfern gern neunerlei Gerichte auf. Darunter darf der Hering (Klingenthal, Reichenbach) niemals fehlen: Suppe aber bringt man nicht mit auf den Tisch (bei Reichenbach), wohl aber in Klingenthal, wo man zwei bis drei Gerichte, z.B. Sauerkraut, Hirsebrei usw. aufträgt, am Schluss noch Semmel und Milch.
Während der Feiertage dürfen selbstverständlich die Äpfel und Nüsse zur Erhöhung des Festgenusses nirgends fehlen. Die Armen legen, wenn sie in einem Jahr etwas teuer sind, doch einige Stück oder selbst gesammelte Haselnüsse auf den Tisch.
Silvester und Neujahr
Ziemlich allgemein besteht die Sitte, am Neujahrstag mittags Milchhirse zu essen.
Fastnacht
Die erwachsene Jugend beiderlei Geschlechts kommt am Abend in Privathäusern zu Schmausereien und Tanz zusammen. Das Brezelbacken beginnt zwar schon im Januar und dauert bis zur Osterwoche, doch sind die ,,Brezeljungen”, welche während der ganzen Zeit mit Schnarren und Papagenopfeifen auf den Straßen die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken versuchen, zur Fastnacht kostümiert.
Ostern
In Reichenbach bekommt der Kirchner aus jedem Gehöft der eingepfarrten Dörfer, aus denen ein Kind zur Konfirmation geht, ein bis drei Eier, je nach der Größe des Gutes. Am grünen Donnerstag und auch hie und da am ersten Osterfeiertag (Oelsnitz) werden die Kinder mit bunt bemalten oder einfach gefärbten hartgesottenen Eiern, dem Sinnbilde schöpferischer Naturkräfte, beschenkt. man färbt die Eier durch Kochen mit Zwiebelschalen oder jungem Korne. Die hellen Zeichnungen bringt man mittels Auftragen von Öl oder Wachs hervor. Da und dort werden auch mit Honig bestrichene Osterfladen feilgeboten.