Geschichte der Marmelade
Einkochen und Konservieren ist alt – schon immer hatten die Menschen den Wunsch, sich für die harte Jahreszeit oder für schlechte Zeiten etwas Essbares zurückzulegen.
Die Geschichte der Marmelade ist dabei eng mit der Entdeckung Amerikas verbunden. Denn das eigentlich in Asien beheimatete Zuckerrohr fand in Amerika prächtige Bedingungen, viel Land stand für den Anbau zur Verfügung und mit billigen Sklaven ließ sich prächtig Zuckerrohr billig produzieren und damit kam billiger Zucker nach Europa. Die Portugiesen als damals große Seefahrernation wussten mit diesem Zucker auch etwas anzufangen – sie kochten aus Quitten (portogiesich: marmelo) zusammen mit Zucker leckere “marmelado”. Dieses Wort war bald der Inbegriff der mit Zucker eingekochten und damit konservierten Früchte.
Rübe oder Rohr
Zucker war teuer, damit blieb bis weit in das 19. Jahrhundert die Marmelade ein rares Produkt auf den Tischen Europas. Der Zuckerpreis verfiel erst, nachdem der Apotheker Andreas Sigismund Marggraf in Berlin entdeckte, dass man auch aus Rüben Zucker gewinnen konnte. Richtig durchgesetzt als Lebensmittel für alle Bevölkerungsschichten hat sich der Zucker jedoch erst nach 1850. Schuld daran, dass der Rübenzucker den Rohrzucker in Europa ersetzte, war über Umwege der kleine große Franzose Napoleon, denn er verfügte im Jahre 1806 die sog. Kontinentalsperre, eine Wirtschaftsblockade über die britischen Inseln, die bis 1814 in Kraft blieb. Nach dem Ende der Blockade brachte England die karibischen Inseln in seine Gewalt, die Engländer brachten riesige Mengen Rohrzucker billig nach Europa und überschwemmten den Markt mit billigem Zucker. Daraufhin mussten fast alle Fabriken, die aus Rüben Zucker erzeugten, schließen. Nur Frankreich produzierte weiterhin Rübenzucker, der ab 1850 wieder nach Deutschland kam. Die Einfuhr von Rohrzucker wurde mit Steuern belegt, und damit begann der Siegeszug des Rübenzuckers. Auf Grund dessen und auch nach dem Züchten von Rübensorten mit höherem Zuckeranteil lohnte sich nun wieder die Rübenzuckerproduktion und in kurzer Zeit gründeten sich 100te Fabriken zur Produktion. Daraufhin kam es zu einem erhöhten Konkurrenzkampf, wobei der Zuckerpreis innerhalb weniger Jahre um 60% verfiel – nun konnte der Zucker seinen Siegeszug als tägliches Lebensmittel auf den Tischen der Kontinentaleuropäer antreten.
Warum gibt es in den Regalen kaum noch Marmelade?
Zum (un-)Glück haben wir in Deutschland einen aufmerksamen Gesetzgeber, der sich gerne um Nebensächlichkeiten kümmert. Deshalb haben wir z.B. eine “Verordnung über Konfitüren und einige ähnliche Erzeugnisse (Konfitürenverordnung – KonfV)”.
In dieser KonfV steht z.B.
Marmelade
Marmelade ist die streichfähige Zubereitung aus Wasser, Zuckerarten
und einem oder mehreren der nachstehenden, aus Zitrusfrüchten
hergestellten Erzeugnisse: Pülpe, Fruchtmarkt, Saft, wässriger Auszug,
Schale. Die für die Herstellung von 1.000 g Enderzeugnis verwendete
Menge Zitrusfrüchte beträgt mindestens 200 g, von denen mindestens 75
g dem Endokarp entstammen.
Jetzt wissen wir es genau:
Marmelade muss aus Zitrusfrüchten hergestellten Erzeugnissen: Pülpe, Fruchtmark, Saft, wässriger Auszug, Schale bestehen.
Aus diesem Grunde dürfen wir nun nicht mehr, wie die Portugiesen früher, einfach Zucker und Quitten nehmen und eine Quittenmarmelade kochen, geschweige denn einfach Erdbeeren und Zucker zu einer leckeren Erdbeermarmelade verkochen. Maximal erlaubt uns der Gesetzgeber noch, dieses Produkt Konfitüre extra oder Konfitüre zu nennen.
Wenn es genau interessiert, hier die Auflistung der Bezeichnungen unserer zu verwendenden Namen für die Früchte-Zucker-Kochmischungen:
Konfitüre extra
ist die streichfähige Zubereitung aus Zuckerarten, nicht konzentrierter Pülpe aus einer oder mehreren Fruchtarten und Wasser. Konfitüre extra von Hagebutten sowie kernlose Konfitüre extra von Himbeeren, Brombeeren, schwarzen Johannisbeeren, Heidelbeeren und roten Johannisbeeren darf jedoch ganz oder teilweise aus nicht konzentriertem Fruchtmark hergestellt werden. Konfitüre extra von Zitrusfrüchten darf aus der in Streifen und oder in Stücke geschnittenen ganzen Frucht hergestellt werden. Aus Mischungen der nachstehenden Früchte mit anderen Früchten darf keine Konfitüre extra hergestellt werden: Äpfel, Birnen, nicht steinlösende Pflaumen, Melonen, Wassermelonen, Trauben, Kürbisse, Gurken, Tomaten. Die für die Herstellung von 1.000 g Enderzeugnis verwendete Menge Pülpe oder Fruchtmark beträgt mindestens
a) 350 g bei roten Johannisbeeren, Vogelbeeren, Sanddorn, schwarzen Johannisbeeren, Hagebutten und Quitten,
b) 250 g bei Ingwer,
c) 230 g bei Kaschuäpfeln,
d) 80 g bei Passionsfrüchten,
e) 450 g bei anderen Früchten.
Konfitüre
ist die streichfähige Zubereitung aus Zuckerarten, Pülpe oder Fruchtmark einer oder mehrerer Fruchtarten und Wasser. Abweichend davon darf Konfitüre von Zitrusfrüchten aus der in Streifen oder in Stücke geschnittenen ganzen Frucht hergestellt werden. Die für die Herstellung von 1.000 g Enderzeugnis verwendete Menge Pülpe oder Fruchtmark beträgt mindestens
a) 250 g bei roten Johannisbeeren, Vogelbeeren, Sanddorn, schwarzen Johannisbeeren, Hagebutten und Quitten,
b) 150 g bei Ingwer,
c) 160 g bei Kaschuäpfeln,
d) 60 g bei Passionsfrüchten,
e) 350 g bei anderen Früchten.
Gelee extra
ist die streichfähige Zubereitung aus Zuckerarten sowie Saft oder wässrigen Auszügen einer oder mehrerer Fruchtarten. Die für die Herstellung von 1.000 g Enderzeugnis verwendete Menge an Saft oder wässrigen Auszügen entspricht mindestens der für die Herstellung von Konfitüre extra vorgeschriebenen Menge. Die Mengenangaben gelten nach Abzug des Gewichts des für die Herstellung der wässrigen Auszüge verwendeten Wassers. Aus Mischungen der nachstehenden Früchte mit anderen Früchten darf kein Gelee extra hergestellt werden: Äpfel, Birnen, nicht steinlösende Pflaumen, Melonen, Wassermelonen, Trauben, Kürbisse, Gurken, Tomaten.
Gelee
ist streichfähige Zubereitung aus Zuckerarten sowie Saft oder wässrigen Auszügen einer oder mehrerer Fruchtarten. Die für die Herstellung von 1.000 g Enderzeugnis verwendete Menge an Saft oder wässrigen Auszügen entspricht mindestens der für die Herstellung von Konfitüre vorgeschriebenen Menge. Die Mengenangaben gelten nach Abzug des Gewichts des für die Herstellung der wässrigen Auszüge verwendeten Wassers.
Marmelade
ist die streichfähige Zubereitung aus Wasser, Zuckerarten und einem oder mehreren der nachstehenden, aus Zitrusfrüchten hergestellten Erzeugnisse: Pülpe, Fruchtmarkt, Saft, wässriger Auszug, Schale. Die für die Herstellung von 1.000 g Enderzeugnis verwendete Menge Zitrusfrüchte beträgt mindestens 200 g, von denen mindestens 75 g dem Endokarp entstammen.
Gelee-Marmelade
ist eine Marmelade, aus der sämtliche unlöslichen Bestandteile mit Ausnahme etwaiger kleiner Anteile feingeschnittener Schale entfernt worden sind.
Maronenkrem
ist die streichfähige Zubereitung aus Wasser, Zucker und mindestens 380 g Maronenmark (von Castanea sativa) je 1.000 g Enderzeugnis.
Was nun? Wie nenne ich meine Marmelade?
Wenn das Produkt, was früher mal Marmelade oder Konfitüre gehießen hätte, nicht in die KonfV passt, so können wir ihr ja einen Namen geben – zum Beispiel Frucht-Zucker-Pampe. Oder wir nennen es Fruchtaufstrich – so macht es die Industrie ja auch. Um Abmahnsicher zu sein, sollte also auf allen Gläsern mit Erdbeermarmelade nun Erdbeerfruchtaufstrich stehen. Dafür darf man nun in Konfitüre und Gelee aus Erdbeeren, Himbeeren, Stachelbeeren, roten Johannisbeeren und
Pflaumen aber Saft aus roten Rüben verwenden. Und in Konfitüre, Konfitüre extra, Gelee und Gelee extra aus Quitten können wir Blätter der Apfelduft-Pelargonie (Pelargonium odoratissimum) verwenden. Das wusste die Oma nun auch noch nicht.
Gut, dass das nun ein für alle Mal geklärt ist!
Ach nein, ist es gar nicht. Auch unsere Euopäischen Politiker wollen ja für ihr Geld, das sie zwar nicht verdienen, aber trotzdem bekommen, auch Ihren Senf (tschuldigung, Ihren Fruchtaufstrich) dazu geben.
Seit 2004 haben wir die:
Richtlinie 2004/84/EG des Rates vom 10. Juni 2004 zur Änderung der Richtlinie 2001/113/EG
über Konfitüren, Gelees, Marmeladen und Maronenkrem für die menschliche Ernährung
Als erstes fällt uns auf: Es gilt nur für Konfitüren, Gelees, Marmeladen und Maronenkrem für die menschliche Ernährung – wollen wir damit unseren Zimmerhai ernähren, gilt diese Richtlinie nicht.
Der Erlasse erwägte auch folgende Gründe:
(3) Auf bestimmten lokalen Märkten Österreichs und Deutschlands, wie Bauernmärkten oder Wochenmärkten, wird der Begriff “Marmelade” traditionsgemäß auch für die Verkehrsbezeichnung “jam” verwendet; in diesen Fällen wird der Begriff “Marmelade aus Zitrusfrüchten” für den Begriff “marmalade” verwendet, um zwischen den beiden Erzeugniskategorien zu unterscheiden.
(4) Es ist daher angebracht, dass Österreich und Deutschland beim Erlass der zur Umsetzung der Richtlinie 2001/113/EG erforderlichen Vorschriften diesen Gepflogenheiten Rechnung trägt.
Aha… Soso…